CDU inszeniert Sturm im Wasserglas

BA-Bericht vom 22.4.2013:

CDU inszeniert Sturm im Wasserglas

Seit der Kommunalwahl 2011 und ihren Folgen in der politischen Machtverteilung im Parlament wird dort ja gerne einmal in großer Münze bezahlt. Am Donnerstag war es wieder einmal so weit: Erich Sauer (CDU) eröffnete die Sitzung mit einem herzerfrischenden „Halt’s Maul“ in Richtung der SPD, als er von dort bei einem Redebeitrag unterbrochen wurde.

Die Stimmung ist nun einmal gereizt. Die CDU sieht sich von der GLL um die Chance gebracht, die SPD an der Macht abzulösen. Und sie sieht sich politisch kaltgestellt. Dass ihre Vorschläge und Anträge derzeit kaum eine Chance haben, bei der rot-grünen Koalition auf fruchtbaren Boden zu fallen, zermürbt die Fraktionsmitglieder.
Sachliche Debatten werden da schwieriger, selbst wenn es um ein unspektakuläres Thema geht. Wie am vorigen Donnerstag.
Da hatte die Gemeindevertretung sich nach der Wahl 2011 vorgenommen, die Geschäftsordnung auf Vordermann zu bringen. Über die Jahre ändert sich manches, ohne dass gleich jede Satzung angepasst wird. Also war es mal wieder an der Zeit für einen großen Wurf.
Auf den Beschluss im Juni 2012 folgte die Prüfung der neuen Geschäftsordnung durch die Kommunalaufsicht im Landratsamt. Der fiel auf, dass ein Problem mit der Neufassung nicht ausgebügelt worden war. Es war nämlich bisher so, dass die Absetzung von Tagesordnungspunkten nur mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Gemeindevertreter möglich war.
Das geht nicht, befand nun die Behörde in Heppenheim, die sich immerhin im Haus des CDU-Landrats Matthias Wilkes befindet. Die Hessische Gemeindeordnung sehe nur für spezielle Fälle eine Zwei-Drittel-Mehrheit vor, und dieser gehöre nicht dazu.
„Wie beim Ermächtigungsgesetz“
Entsprechend wurde der Gemeindevertretung der Vorschlag unterbreitet, auf den Passus in der Geschäftsordnung zu verzichten. Ein ziemlich unspektakuläres Thema bis hierhin.
Nun aber witterte die CDU aber Verrat. Die Geschäftsordnung in der Neufassung von 2012 lag zwar den Unterlagen zur Sitzung damals bei, bei der Vorbereitung des Treffens jetzt war sie aber offenbar in der CDU-Fraktion nicht zur Hand. Dort verbreitete sich daher die Auffassung, es gehe darum, die Aufnahme neuer Tagesordnungspunkte zu erleichtern. Dafür aber ist explizit eine Zwei-Drittel-Mehrheit vorgesehen – und das bleibt auch so.
Ginge eine solche Änderung mit einer einfachen Mehrheit – so die Argumentation der CDU -, dann sei ja der Willkür von SPD und GLL Tür und Tor geöffnet. Ganz so wurde es von der CDU-Parteivorsitzenden Anja Müller nicht formuliert, sie bemühte stattdessen das Ermächtigungsgesetz von 1933 als Vergleich. Das hatte Adolf Hitlers Nazipartei den Weg in die Diktatur geebnet.
Bürgermeister Jürgen Kaltwasser (SPD) war empört und warf der CDU vor, die Nazis unterstützt zu haben, während die SPD-Funktionäre im Gefängnis gesessen hätten. Was auch nicht stimmt, weil weder eine CDU-Fraktion im Allgemeinen noch Anja Müller im Besonderen am 24. März 1933 im Reichstag saßen.
Man einigte sich schließlich darauf, dass die Vorlage der Gemeindevertreter-Vorsitzenden Beate Dechnig irreführend gewesen sei. Irgendjemand muss ja schuld sein. Und man strich den fraglichen Passus – immerhin einstimmig. In der Vorlage stand, es gehe um eine Änderung von „§ 20 (Ändern und Erweitern der Tagesordnung)“. So ist die Bestimmung auch überschrieben, aber um festzustellen, was mit „§ 20 Absatz 1 letzter Satz“ genau gemeint war, hätte man halt doch in die Geschäftsordnung schauen müssen.

tm

 

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