Die Datenkraken in Hessen

Innenminister Peter Beuth (CDU) ist einer der diesjährigen Träger des Negativpreises »Big Brother Award«

  • Von Hans-Gerd Öfinger (ND)

Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) hat den „Big Brother Award“ verliehen bekommen, weil er für den bundesweit erstmaligen Einsatz von Dateienauswertungs-Software der CIA-nahen Firma Palantir im hessischen Polizeidienst verantwortlich sei.

Bei einer Gala des Bürgerrechtsvereins Digitalcourage im Bielefelder Stadttheater ist dem hessischen Innenminister Peter Beuth der diesjährige Negativpreis Big Brother Award in der Kategorie »Behörden & Verwaltung« zugesprochen worden. Die Auszeichnung wurde dem CDU-Politiker am Wochenende in Abwesenheit verliehen.

Die Wahl fiel auf Beuth, weil er für die bundesweit erstmalige Anschaffung und den Einsatz von Dateienverknüpfungs- und -auswertungssoftware der CIA-nahen US-Firma Palantir im hessischen Polizeidienst verantwortlich sei. Palantir erhalte damit Zugang zum höchst sensiblen Datennetz der Polizei, warnte Laudator Rolf Gössner – Rechtsanwalt, Bürgerrechtler und stellvertretender Richter am Staatsgerichtshof Bremen.

Die Awards

Die Big Brother Awards sind Negativpreise, die jährlich an Behörden, Unternehmen, Organisationen und Personen vergeben werden. Die Preise werden von Bürgerrechtlern und Datenschützern an diejenigen verliehen, die Privatsphäre von Personen beeinträchtigen oder Dritten persönliche Daten zugänglich gemacht haben oder machen. Die Preise wurden erstmals 1998 in Großbritannien verliehen, seit 1999 in Österreich und seit 2000 auch in Deutschland und in der Schweiz.

»So können Massendaten aus polizeieigenen und externen Quellen in Sekundenschnelle automatisiert verknüpft, analysiert und ausgewertet werden.« Mit diesem »Dammbruch für die polizeiliche IT-Arbeit« würden Polizeidatenbestände mit den Datenbanken anderer Behörden und aus sozialen Netzwerken verknüpft und könnten auch bloße Kontakt- und Begleitpersonen, Zeugen, Hinweisgeber oder Geschädigte jenseits konkreter Verdachtsmomente ins Visier der Fahnder geraten. »Das hat gravierende Folgen für Grundrechte, Datenschutz und Rechtsstaat.«

Palantir gilt nach Einschätzung der US-Bürgerrechtsvereinigung ACLU als »Schlüsselfirma in der Überwachungsindustrie« und war 2004 mit finanzieller Unterstützung des US-Geheimdienstes CIA gegründet worden. »Die Firma ist tief in den militärisch-digitalen Komplex der USA verstrickt und ihr Geschäftsmodell heißt: Big Data for Big Brother«, so Gössner. Vertrauliche Polizeidaten aus Hessen könnten in die USA abfließen und in die Hände von US-Geheimdiensten gelangen. »Damit geht das schwarz-grün regierte Hessen einen weiteren großen Schritt in Richtung Kontroll- und Überwachungsstaat«, brachte er es auf den Punkt.

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