GLL fordert mutigere Maßnahmen zur artgerechten Tierhaltung

Trügerische Idylle: Die typische Odenwälder Weidehaltung stellt nicht die Lebensrealität der meisten der zur Fleischproduktion gehaltenen Tiere dar.

„Wir begrüßen die Einführung des neuen Fleisch-Herkunfts-Siegels in den Lebensmitteldiscountern Aldi, Edeka, Netto und Lidl ausdrücklich.  Ab April diesen Jahres – also schon in kurzer Zeit- wird es für die Verbraucher leichter, bei Fleischgenuss auf Tierschutzaspekte und insbesondere Tierhaltung mit Freilauf zu achten“, formulieren die Lautertaler Grünen. Bisher hätten die Verbraucher im Grunde nur über das Siegel „Bio“ auf Fleisch aus artgerechter Tierhaltung schließen können. Nach Jahren bleierner Verhinderungstaktik der Lebensmittelindustrie sei nun ein wichtiger Meilenstein für die betroffenen Tiere und Kunden geschaffen worden.

Das neue einheitliche Siegel ermögliche den Verbrauchern sehr schnell und unkompliziert zu erkennen, ob die Tiere aus einer fabrikähnlichen „Massentierhaltung“ stammen oder artgerechter, d.h. mit Freilauf aufgewachsen sind. Dass die großen Discounter diese Schritte nun eigenständig gehen und nicht mehr auf die Regelungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums unter Julia Klöckner warten wollen, überrasche die Grünen allerdings nicht: „Das Kaufverhalten der Verbraucher ist in den letzten Jahren zunehmend kritischer und bewusster geworden. Neben Produkten aus biologischer Herstellung haben auch Fairtrade-Artikel stetig an Umsatz gewonnen. Zusätzlich haben Tierschutzorganisationen eine sehr wertvolle Aufklärungsarbeit geleistet. Glücklicherweise wurden die mancherorts unwürdigen, bestialischen Zustände in der Massentierhaltung aufgedeckt.“  Das habe die Bevölkerung nicht auf die leichte Schulter genommen. Letztlich sei das neue Siegel ein Etappensieg auswählender Verbraucher und aktiver Tierschützer, die u.a. mit unermüdlichen Mahnwachen auf die Zustände in der Tierhaltung aufmerksam machten.

Die GLL betont jedoch, dass sie dies nur als einen von vielen notwendigen Schritten sieht. So z.B. erscheint es den Grünen in keiner Weise akzeptabel, wenn beispielsweise artgerecht gehaltene Tiere trotzdem weit transportiert würden, mit Antibiotika aufgeputscht oder mit Gen-Soja gemästet würden. Gerade auch die Tiertransporte entpuppten sich viel zu oft als Tierquälerei. Insofern brauche es möglichst bald weitere Siegel, welche den gesamten Prozess der Tierhaltung bis zum Schlachter zertifizieren, fordern die Grünen. Dennoch sei der aktuelle Schritt ein richtiger.

Die landwirtschaftlich geprägte Struktur in den Odenwalddörfern, in denen es nur wenige Agrar-Fabriken gäbe, täusche die heimische Bevölkerung allerdings über die wahren Hintergründe der gigantisch-großen Fleischproduktionsbetriebe hinweg. „ So wie wir hier Landwirtschaft wahrnehmen, ist das alles andere als die Regel, vielmehr die Ausnahme“, so die GLL. „Im Lautertal sehen wir täglich Kühe, Rinder, Schafe und Geflügel, die auf Koppeln gehalten werden. Das kommt unseren Vorstellungen von artgerechter Haltung schon relativ nahe. Allerdings handelt es sich nunmal meist um Klein- oder Nebenerwerbsbetriebe, was in der Gesamtfläche Deutschlands so keinesfalls zutrifft“. Letztlich seien die Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Lautertal und Odenwald bereits auf einem vergleichsweise positiven Weg, was die Tierhaltung betrifft. Diese sollten auf diesem Weg bestärkt und weiter unterstützt werden, meinen die Grünen.

Da die erwähnten Discounter gut im Lautertal vertreten sind, werde es den Lautertalern also sehr bald ermöglicht, auf mehr Tierwohl zu achten, ohne deshalb gleich auf das geliebte Steak verzichten zu müssen. Es ergäbe sich jedoch unter Umständen auch ein Nachteil für die ortstypischen Metzger: „Wir hoffen, dass hierbei aber nicht die heimischen Metzger in Mitleidenschaft gezogen werden“, sorgen sich die Grünen um einen ihrer Meinung nach wichtigen Nahversorgungszweig. „Es gilt nun Mittel und Wege zu finden, dass auch Metzger die Lebensqualität der Tiere, die hinter ihren Produkten stehen, klar und vertrauenserweckend offenlegen können. Hier könnten beispielsweise die Fleischer-Innungen gute Beiträge leisten. Dann können wir Tierwohl auf allen Verkaufsebenen für Fleischprodukte fördern und gleichzeitig die Vielfalt der Nahversorgung erhalten. Unsere Metzger dürfen keinesfalls gefährdet werden. Hier bekommt man seit Jahren kompetente Beratung rund um ein gesundes Stück Fleisch“, so Fraktionsvorsitzender Frank Maus.

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