Kinder kosten Geld – aber wer soll bezahlen?

Kinder kosten Geld – aber wer soll bezahlen?

Die Mittel für Kinderkrippenplätze sind aufgebraucht…

Viele Frauen kamen früher zum Kind ohne zu wissen, wie sie es denn großziehen sollten. Die Märchenbücher sind voll davon, doch sind es meist leider keine Märchen, sondern es war bittere Realität. Heute passiert das Gleiche den Kommunen: vom Bund empfangen sie – nein, keine Kinder – den Auftrag, ausreichend Kinderkrippenplätze zu bauen. Wie sie die bezahlen sollen, darüber herrscht inzwischen beredtes Schweigen.

Das Konnexitätsprinzip („wer bestellt, bezahlt“) gilt leider nicht: der Bund schreibt die Plätze fest vor, die in jeder Kommune geschaffen werden müssen. Mit der Finanzierung läßt er die Gemeinden dann allein. Es gab wohl eine Förderung, und auch die Gemeinde Lautertal hätte in den Genuß dieser Förderung kommen können. Wenn sie denn rechtzeitig einen Antrag gestellt hätte. Es wurde sogar noch einmal Förderung vom Land Hessen nachgeschoben, als die Bundesmittel ausgeschöpft war. Doch auch die ist inzwischen aufgebraucht.

Es genügt auch nicht, schnell einen Antrag zu stellen. Dafür wäre noch bis zum 15. April Zeit, doch der Antrag muß ein baureifes Konzept beinhalten. Das bedeutet, daß die Kommunen für ihre Bedarfsplätze in erhebliche Vorleistungen treten müssen und bis zu einem relativ späten Zeitpunkt nicht wissen, ob Bund oder Land ihnen dabei unter die Arme greifen werden. So kann kommunale Selbstverwaltung nicht funktionieren.
Etwa 35 neue Plätze, davon  ca 24 Kindergartenplätze und 11 Tagespflegeplätze, sind der geschätzte Bedarf des Jugendamtes des Kreises Bergstraße für Lautertal für die kommenden Jahre. Diese müssen von der Gemeinde geschaffen werden, mit oder ohne Förderung.
„Trotz mehrfacher Erinnerung an die Dringlichkeit des Förderantrages ist es jetzt wohl zu spät“, so Frank Maus (GLL). Er will deshalb versuchen, eine Art Fristverlängerung zu erlangen. Auf seinen Antrag hin, wird der Ausschuß für Soziales, Gleichstellung, Interkulturelles und Sport diese Möglichkeit beim Jugendamt des Kreises Bergstraße erbitten. Das beredte Schweigen von Stefan Baumgardt vom Kreisjugendamt läßt wenig Hoffnung. Denn die Fördermittel werden nicht unter allen Antragstellern aufgeteilt, sondern es werden solange die eingehenden Antragskommunen mit 90 % gefördert, bis der Topf leer ist. Baumgardts Gesicht ließ eher auf „leer“ schließen. Wahrscheinlich kommt die Gemeinde Lautertal einfach zu spät, da der Ausschuß die geforderte Arbeit nicht bis Mitte April erledigen kann.
Sie ist jedoch nicht allein mit ihrer Zögerlichkeit: im Jahr 2011 wurden noch Mittel in Höhe von 1 Million Euro an den Bund zurückgegeben, weil keine Anträge vorlagen. Die Mindestverordnung (MVO) mit den Mindestvoraussetzungen in Tageseinrichtungen für Kinder in Hessen trat am 1. September 2009 in Kraft. Aus ihr ergibt sich klar der neu zu schaffende Bedarf an Krippen- und Tagespflegeplätzen. Doch in vielen Gemeinden wurde zu lange gewartet – so auch in Lautertal.
Seit Frühjahr 2011 versucht die GLL-Fraktion hier zügig voranzukommen „Wozu erarbeiten wir mühevoll in einer Klausurtagung insgesamt 36 Punkte an Einsparungen, die in einem sozialverträglichen Rahmen bleiben, wenn „man“ es dann parlamentarisch verschläft, Förderungen zu nutzen, solange es sie gibt!“ zürnte Frank Maus in der Ausschußsitzung.
Die Kindergärten im Lautertal sind voll, eigentlich sogar schon übervoll, und es sind zwei neue Baugebiete geplant, an denen sich junge Familien ansiedeln können. Ausbaubedarf besteht sowohl für die U3-Kinder (Bambinis) als auch für die Ü3-Kinder. Nun muß also ohne finanzielle Unterstützung dafür gesorgt werden, daß der Lautertaler Nachwuchs ausreichend Plätze in Kindergärten oder Tagespflegestellen findet. Informationen für Eltern und für Tagesmutterangebote gibt es im Rathaus Lautertal bei Herrn Horst Steinbeck (06254-307-43).
Für die Neuschaffung von Kindergartenplätzen wäre der Kindergarten Lautern am schnellsten geeignet. Hier könnten aber fehlende Parkmöglichkeiten direkt am Hort und die enge Straße ein Problem darstellen. Ob dies jedoch langperspektivisch die richtige Lösung wäre, bleibt vorerst fraglich.
Weitere Möglichkeiten bieten die Anmietung des katholischen Pfarrhauses in Reichenbach oder  die Rettungswache in Gadernheim. In den nächsten Tagen sollen die Baulichkeiten gemeinsam mit Stefan Baumgardt besichtigt werden.
Um den genauen Bedarf ermitteln zu können, legte Sandra Maus (GLL) einen Fragebogen vor. Der „Einstand“ der Nachrückerin für Hans Peter Gabski, der die Gemeinde Lautertal für zwei Jahre verläßt, wurde im Ausschuß allgemein befürwortet. Ergänzt wurde er um die Nennung der Kosten die auf die Eltern zukommen, damit er nicht zum „Wunschzettel“ ohne Relevanz wird. Auch ob nur Vormittagsbetreuung gewünscht wird oder Ganztagsbetreuung, soll mit dem Fragebogen ermittelt werden, der in den nächsten Tagen an die Lautertaler Eltern verschickt wird. Sandra Maus wurde während der Ausschußsitzung auch gleich zur stellvertretenden Ausschußvorsitzenden gewählt. Besonders am Herzen liegt den Vertretern von SPD und GLL auch die Reaktivierung des Waldkindergartens. Dieser kann an einen bestehenden Kindergarten angegliedert werden, ohne daß teure Bauarbeiten erforderlich werden. Für Eltern, die das Konzept Waldkindergarten mögen, kann so eine kostengünstige, flexibel und schnell zu schaffende Versorgung entstehen. Auch die Frage nach Waldkindergarten – ja oder nein, wurde deshalb mittels einstimmiger Entscheidung in den Eltern-Fragebogen aufgenommen.
Die Idee, den Lautertaler Bedarf weitgehend über Tagesmutterplätze zu decken, entkräftete Stefan Baumgardt mit dem Argument, daß diese gegenüber einer kommunalen Einrichtung privatwirtschaftlich organisiert sind und somit keinen dauerhaften Bestand garantieren. Als Ergänzung zu den festen Einrichtungen sind sie jedoch ein wichtiger Bestandteil im Betreuungsangebot. Auch halte er es für unwahrscheinlich, ausreichend viele Tagespflegeplätze zu finden. Wer Interesse hat, eine solche Tagesmutterstelle zu schaffen, kann sich bei Horst Steinbeck im Rathaus informieren.
Der Ausschuß für Soziales, Gleichstellung, Interkulturelles und Sport beschloß am 5. März 2012, nach erfolgter Umfrage und Auswertung eine Informationsveranstaltung im Lautertal durchzuführen, bei der auch die Tagesmutterbörse Bensheim vorgestellt werden kann. Einmütiges Ziel ist es dabei, neue Tagesmütter zu gewinnen.
Damit ist der erste Schritt zur Sicherstellung der vom Bund vorgeschriebenen Betreuungsplätze getan: die Bedarfserhebung und die Erarbeitung eines Konzeptes sowohl für U3, als auch für Ü3-Kinder, letztere unter Einbeziehung eines Waldkindergartens. Der zweite Schritt, die Finanzierung der Plätze, bleibt nun zunächst ganz offen.

 

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