Landesregierung torpediert Energiewende

Landesregierung torpediert Energiewende

Den von der Landesregierung vorgelegten Entwurf des Landesentwicklungsplans (LEP) bewertet die Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als „Torpedierung der vereinbarten Energiewende in Hessen“. „Durch nicht nachvollziehbare Vorgaben in Bezug auf die Windgeschwindigkeit, den Abstand zu Siedlungen und zu den Ausschlussflächen werden die Standorte für Windenergie künstlich und mutwillig reduziert. So kann das im Rahmen des Energiegipfels vereinbarte Ziel, zwei Prozent der Landesfläche für Windenergieerzeugung vorzusehen, nicht erreicht werden.

Was die Landesregierung vorgelegt hat, grenzt an eine Windkraft-Verhinderungsplanung. Einmal mehr zeigt sich: Schwarz-Gelb kann und will die Energiewende nicht“, so die energiepolitische Sprecherin der GRÜNEN, Angela Dorn. Die GRÜNEN fordern die Landesregierung deshalb dringend auf, den Entwurf zu ändern, um zum Konsens des Energiegipfels zurückzukehren. Hierzu machen die GRÜNEN konkrete Vorschläge, wie das Zwei-Prozent-Ziel erreicht werden kann. Am 8. Oktober endete die Frist, Stellungnahmen zum LEP abzugeben.

Festlegungen zur notwendigen Windgeschwindigkeit nicht nachvollziehbar
Die Erste Beigeordnete des Regionalverbands Frankfurt/Rhein-Main, Birgit Simon, weist darauf hin, dass bei Realisierung der im Moment vorliegenden Regelungen im Rhein-Main-Gebiet kein nennenswerter Anteil von Windenergie erzeugt werden könnte. „Ohne nachvollziehbare Begründung hat die Landesregierung die notwendige Mindestwindgeschwindigkeit für Windkraftanlagen im Landesentwicklungplan auf 5,75 Meter pro Sekunde in 140 Meter Höhe festgeschrieben. Dabei geht selbst eine Studie des Hessischen Wirtschaftministeriums davon aus, dass 5,5 Meter pro Sekunde ausreichen. Daher fordern wir den Landesentwicklungsplan an dieser Stelle zu ändern und so mehr Standorte für Windkraft zu ermöglichen. Damit kann eine Windkraftanlage wirtschaftlich laufen, wie die Studie des Wirtschaftsministeriums deutlich gemacht hat.“

Abstand zu Siedlungen
Gleichzeitig fordern die GRÜNEN die Landesregierung bei der Frage des Abstands zu Siedlungen auf, zum Konsens des Energiegipfels zurückzukehren. Dort war ein Regelabstand von 1000 Metern von Windkraftanlagen zu Siedlungen vereinbart worden, allerdings mit gutem Recht unter bestimmten Voraussetzungen auch Ausnahmen vorgesehen. Im jetzigen Entwurf des Landesentwicklungsplans seien diese Ausnahmemöglichkeiten verschwunden. „Wenn vor Ort im Einzelfall auch ein geringerer Abstand für vertretbar gehalten wird, macht es doch überhaupt keinen Sinn stur auf eine Zahl zu bestehen“.

Eignungsflächen für flexible Planung statt Standortverlust durch Schwarz-Weiß-Planung
Im Energiegipfel einigte man sich auf den Kompromiss, dass alle nicht als Vorranggebiete erfassten Flächen als Ausschlussgebiete für Windkraft gelten sollen. „Vor Ort zeigt sich aber, dass so das Zwei-Prozent-Ziel deutlich verfehlt wird.Wir wollen verhindern, dass geeignete Flächen, die dringend benötigt werden, zum Ausschluss erklärt werden. Wir schlagen als Konsequenz vor, das starre Schwarz-Weiß-Schema von Vorrang- und Ausschlussgebieten zu erweitern und Eignungsgebiete als weitere Kategorie einzuführen. Diese grundsätzlich geeigneten Flächen, bei denen es möglicherweise Konflikte gibt, können dann einer Einzelfallprüfung unterzogen werden,“ erklärt Angela Dorn.
Naturschutz und Energiewende nicht gegeneinander ausspielen
Der so genannte „naturschutzfachliche Erlass“ ist nach Auffassung der GRÜNEN im Hinblick auf die Planung einer Windkraftanlage viel zu kompliziert und rechtlich nicht eindeutig für die notwendige Planungssicherheit. Die GRÜNEN befürchten, dass mit dem Erlass von Vorneherein von der Planung von Windkraftanlagen abgesehen wird, wenn ein mögliches Konfliktpotential droht.
„Naturschutz und Energiewende dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Denn ohne eine erfolgreiche Energiewende wird auch die Natur und damit auch die Vogelwelt auf der Verliererseite stehen. Das darf nicht dazu führen, dass der Erhalt der Natur und der Vogelwelt bei der Planung von Energieerzeugungsanlagen ausgeklammert werden. Vielmehr ist eine gegenseitige Rücksichtnahme notwendig. Deshalb ist uns der Erhalt einer Art wichtig. Das bedeutet nicht, dass wir das Windkraftunfallrisiko eines jeden Einzelvogels, auch eines gefährdeten, gegen Null setzen müssen“, sagt Angela Dorn.
Die GRÜNEN greifen bei ihrem Vorschlag zur Lösung dieses Spannungsfeld auf das durch die Staatliche Vogelschutzwarte im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erstellte Vogelschutzgutachten zurück und kombinieren es mit ihrem Vorschlag der erweiterten Ausweisungskategorien. Demnach soll es in den Schutzgebieten Natura 2000 Vorrangflächen, Eignungsflächen und Ausschlussgebiete geben, je nachdem welch hohe Konfliktpotentiale das Gutachten mit windkraftempfindlichen und gefährdeten Vögeln ausgemacht hat. Insgesamt setzen sie viel stärker auf eine Einzelfallprüfung und flexible Lösungen bei Konfliktfeldern.
„In Gebieten mit hohem Konfliktpotential soll es absolute Ausschlussgebiete für Windkraftanlagen geben. Damit ist eine gute Grundlage für den Erhalt der gefährdeten Vogelpopulation geschaffen und gleichzeitig für die Rechtssicherheit der Windkraftanlagen an den anderen Orten. In den Bereichen mit noch erheblichem Konfliktpotenzial soll je nach Lage vor Ort entschieden werden. Bei Konfliktfeldern außerhalb von Schutzgebieten muss das Risiko zur Kollision zwar weiter gemindert werden, aber einer Windkraftplanung steht generell nichts entgegen. Manchmal helfen auch ganz einfache Maßnahmen, wie den Bereich um den Fuß der Windkraftanlage nicht mehr zu mähen, so dass der Rotmilan von diesen leichten Jagdgebieten am Boden nicht mehr angezogen wird,“ so Angela Dorn.

 

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