Schutzschirm für Lautertal aufgespannt

BA-Bericht am 13.2.2013:

Schutzschirm für Lautertal aufgespannt

Die Gemeinde Lautertal ist seit gestern Mittag offiziell Schutzschirm-Kommune des Landes Hessen. Kurz vor 12 Uhr wurde im Regierungspräsidium in Wiesbaden der Vertrag zwischen der Kommune und dem Land unterzeichnet. Das Regierungspräsidium übernimmt damit gleichzeitig die Aufsicht über die Gemeinde. Bisher war dafür der Kreis Bergstraße zuständig.
Bürgermeister Jürgen Kaltwasser und die Staatssekretärin Professor Dr. Luise Hölscher sowie Regierungspräsident Johannes Baron unterzeichneten die Konsolidierungsvereinbarung. Gleichzeitig mit Kaltwasser setzten auch die Bürgermeister von Hirschhorn, Rainer Sens, und Viernheim, Matthias Baaß, sowie die Grasellenbacher Beigeordneten Wolfgang Pütt und Willy Döhler ihre Unterschriften unter Verträge mit dem Land.
Professor Hölscher betonte, die Kommunen leisteten durch die Vereinbarung „einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Finanzpolitik. Der Schutzschirm schafft gute Rahmenbedingungen, damit auch künftige Generationen ihre kommunale Selbstverwaltung ausüben können.“
Die Bürgermeister dagegen gaben zur Vertragsunterzeichnung eine gemeinsame Erklärung ab und betonen darin nochmals die Verantwortung der Landespolitik für die Finanzkrise der Kommunen.

„Dieser Schirm trügt“

„Dieser Schirm trügt. Mit dem Vertrag wird kein einziges Gesetz geändert, das zur miserablen Situation der Kommunen geführt hat. Das Prinzip ,Wer bestellt bezahlt‘ wird nach wie vor nicht eingehalten. Steuererhöhungen, die in der großen Politik lauthals abgelehnt werden, werden auf die kommunale Ebene verschoben. Damit man sich nicht selbst die Hände schmutzig macht“, so Lautertals Verwaltungschef Jürgen Kaltwasser.
Markus Roth, Bürgermeister von Grasellenbach, sieht im Schutzschirm „keine nachhaltige Hilfe für die Kommunen. Die derzeitige Finanzausstattung ist völlig ungeeignet, um die Probleme zu lösen. Für den Haushaltsausgleich bleibt fast nur ein Mittel: die Weitergabe der Belastungen an den Bürger.“ Hirschhorns Bürgermeister Sens wehrt sich gegen „den Anschein, die Kommunen hätten die miserable finanzielle Situation überwiegend selbst verursacht. Tatsächlich bestellen Land und Bund Leistungen, die nicht angemessen finanziell ausgeglichen werden. Außerdem werden die besonderen Aufgaben für Kommunen im ländlichen Raum bei der Finanzierung nicht entsprechend berücksichtigt.“
Dazu rechnet Matthias Baaß für Viernheim vor, dass der Stadt in den vergangenen Jahren 35 Millionen Euro an Zusatzlasten aufgebürdet worden seien. „Die 16 Millionen Euro, die Viernheim jetzt zurückerhält, sind also nur eine erste Anzahlung auf die volle Schuld. Die hessischen Kommunen werden in der kommenden Zeit erhebliche Liquiditätsprobleme bekommen“, vermutet Baaß.

Land übernimmt Schulden

Die Gemeinde Lautertal muss laut dem Vertrag mit dem Land Hessen bis 2017 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Als Gegenleistung übernimmt Hessen knapp 5,2 der fast 20 Millionen Euro Schulden der Gemeinde.
Die Schulden werden in einen Altschuldenfonds der Wirtschafts- und Infrastrukturbank (WI-Bank) Hessen überführt und vom Land Hessen getilgt. Daneben leistet das Land eine Zinsdiensthilfe in Höhe von einem Prozent, ein weiteres Prozent kommt aus dem Landesausgleichsstock. Professor Hölscher lobte das als „starkes Signal. Auf dieser Basis gilt es, optimistisch in die Zukunft zu blicken.“
Die Staatssekretärin hob hervor, dass das Land seine Zuschüsse für die Kosten der Kinderbetreuung bereits in den vergangenen Jahren in erheblichem Umfang gesteigert habe. „Der kommunale Finanzausgleich bewegte sich 2012 bei knapp 3,6 Milliarden Euro und 2013 bei rund 3,8 Milliarden Euro und damit auf einem Allzeithoch.“ Zudem werde im kommunalen Finanzausgleich künftig der Bevölkerungsrückgang auf dem Land stärker berücksichtigt.
Der Bund übernehme darüber hinaus sukzessive die Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Invalidität. Schließlich sei das Land mit den kommunalen Spitzenverbänden über eine Vergleichsstudie im Gespräch, die die Kosten der Sozial- und Jugendhilfeträger für eine bessere Vergleichbarkeit offenlege. Hintergrund seien die in Hessen hohen Ausgaben in diesem Bereich.
In dieser Woche endet die Frist zur Teilnahme am kommunalen Schutzschirm des Landes.

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