Trinkwasser soll keine Handelsware werden

Weltwassertag am 22. März

Eine Million Bürger sagen: Trinkwasser soll keine Handelsware werden

Der März ist der Wassermonat, in landwirtschaftlich geprägten Regionen beginnt der Jahreszyklus, und Wasser ist dabei der wichtigste Faktor. Deshalb ist seit 1993 alljährlich am 22. März der Tag des Wassers. Aktuell geht es um das Motto „Wasser und Zusammenarbeit“, nicht nur am 22. März, sondern ein ganzes Weltwasserjahr 2013 lang. Federführend ist die UNESCO (www.unesco.de), während der Weltwassertag von UN-Mitgliedsstaaten und einigen Nichtstaatlichen Organisationen iniziiert und seit 2003 von UN-Water (www.unwater.org) organisiert wird. In Deutschland wird zudem alle zwei Jahre die Flußlandschaft des Jahres gekürt: 2011 war dies die Emscher, einst das schmutzigste Gewässer Deutschlands und „Kloake des Ruhrgebietes“, begradigt, tiefergelegt, auf weite Strecken tot. 2013 wurde die Helme in Thüringen zur Flußlandschaft des Jahres gekürt. Weitere Infos: www.flusslandschaft.naturfreunde.de.

Nestlé: Grundrechte flaschenweise verkauft?

Der Film Bottled Live (siehe www.bottledlifefilm.com) zeigt, was geschieht, wenn Konzerne die Wasserrechte einer Region kaufen. In Chile gibt es heute Bauern, die zwar weiten Landbesitz haben, aber kein Wasser, es zu bewirtschaften. Die Wasserrechte haben die Minen gekauft. Der weltweit agierende Großkonzern Nestlé hat das ehrgeizige Ziel, das letzte freie Gut vermarkten zu wollen. Nestlé ist nicht nur der größte Lebensmittelkonzern der Welt, sondern auch der größte Trinkwasser-Abfüller. Bottled Live empfiehlt daher das Trinken von Leitungswasser, um die Macht der Konzerne zu schwächen. Leitungswasser ist in vielen Ländern sauberer als Flaschenwasser. Doch das wird so nicht bleiben: einige Länder leiden schon unter dem verkauften Trinkwasser, zahlen bis zu vierfach höhere Preise dafür, und es wird stark gefährdet auch durch Rückstände, etwa aus Medikamenten. Was wir ausscheiden, geht ja ins Wasser, bevor dieses wieder zu Trinkwasser wird. Und viele Medikamente sind nicht abbaubar. Das größte Problem aber ist, daß weite Teile der Erde nicht über genügend Trinkwasser verfügen, geschweige denn über sauberes.
Ein Drittel der Menschheit trinkt schmutziges Wasser, und jeden  Tag erliegen fast 10.000 Kinder den Folgen. Geld für Flaschenwasser hat dieses Drittel der Weltbevölkerung nicht – auch weil es dort Handelsware ist. Flaschenwasser im Wert von wenigen Cent wird oft mit 1000%-Gewinnspannen verkauft. 
Wasser ist knapp, wird jedoch für unzählige Produktionsschritte benötigt, auch dort wo wir es gar nicht vermuten: pro Liter Bio-Ethanol werden 4000 l Wasser benötigt. Der Maisanbau – auch Rohstoff für die Rindfleischproduktion für unsere Hamburger (pro 150g-Puck 2200 Liter Wasser!) – verschlingt weltweit 9% des insgesamt für Feldfrüchte werwendeten Wassers.

Virtuelles Wasser: Unmengen im Hintergrund

Kaffee wird nicht nur mit Wasser gekocht: für ein Kilo Röstkaffee werden 21.000 Liter Wasser benötigt – das sind pro Tasse 140 Liter! Achtung Biertrinker: nicht zu früh freuen – ein Liter Bier verbraucht 300 Liter Wasser, selbst wenn dann Bitburger draus wird. Unsere Baumwollkleidung wird mit 11.000 Litern Wasser pro Kilo produziert. All dieses „versteckte“ Wasser nennt sich virtuelles Wasser, und nachzulesen ist das in der Broschüre „Virtuelles Wasser – versteckt im Einkaufskorb“, Schriftenreihe der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz, Band 73 und 75, ISBN 978-3-937579-31-3 und   978-3-937579-34-4. 
Right 2 water: Bürgerinitiative gegen private Wasserversorgung schafft EU-Hürde
Erstmals überhaupt hat ein EU-Volksbegehren die nötige Zahl von einer Million Unterschriften erreicht. Die Initiative „Wasser ist ein Menschenrecht – Right 2 Water“ richtet sich gegen EU-Pläne zur Privatisierung des Wasserversorgung. Inzwischen fand die Initiative rund 1,13 Millionen Unterzeichner und kann somit die für eine Europäische Bürgerinitiative notwendige Hürde von einer Million Menschen überschreiten. Die Tagesschau berichtete am 11. Februar darüber. Insgesamt müssen in sieben Mitgliedsstaaten ausreichend Unterschriften gesammelt werden, bis zum September hat sich Right 2 water die Zweimillionenmarke vorgenommen. Sind alle Unterschriften geprüft und ausreichend, hat die EU-Kommission drei Monate Zeit, die Initiative inhaltlich zu bewerten und abschließend eine formelle Antwort zu ihrem weiteren Vorgehen geben. Die Initiative fordert die EU-Kommission zur Vorlage eines Gesetzesvorschlags auf, der das Recht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung durchsetzt und eine funktionierende Wasser- und Abwasserwirtschaft als existenzsichernde öffentliche Dienstleistung fördert. Die Kommission ist jedoch nicht zur Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens gezwungen.

Kommunen wollen ihre Wasserwerke behalten: Garant für hohes Trinkwasser-Niveau

Der Städtetag bekräftigte seine Warnung vor einer Privatisierung und höheren Wasserpreisen und rief die EU-Kommission auf, die Wasserversorgung aus ihren Gesetzgebungsplänen auszuklammern. Qualitätseinbußen und steigende Preise seien sonst nicht auszuschließen. 
Attac Bergstraße (www.attac-netzwerk.de/bergstrasse/) sieht Wasser als ein öffentliches Gut, das als solches auch in öffentliche Hand gehört. Mögliche Privatisierungsbestrebungen, die zu einem gewinnorientierten Geschäft mit dem Wasser führen, können nicht im Sinne der Bürger sein. Zwar wird keine Kommune zur Privatisierung gezwungen, aber unter wenn sie etwa kein eigenes Wasserwerk hat bzw. keinem Zweckverband angehört – sind künftig juristische Finessen zum Schutz vor Privatisierung über die vorgeschriebene EU-weite öffentliche Ausschreibung er-forderlich. Die Liberalisierung der Strom-, Gas- und Telekommunikationsmärkte haben in vielen Regionen gezeigt, wo der Weg hinführen kann. Noch findet die Versorgung mit Trinkwasser in geschützten Gebietsmonopolen statt, dies ist ein Garant für das heute auch im internationalen Vergleich hohe Niveau der Trinkwasserqualität und des Ressourcenschutzes in Deutschland. Eine Verringerung des regionalen Einflusses schwächt dies, denn die Marktöffnung führt zu erhöhtem Kostendruck auf die Unternehmen, der dann durch Qualitätsminderung aufgefangen werden muß. So könnte z.B. die aufwändige UV-Behandlung des Trinkwassers wieder durch Chlordesinfektion ersetzt werden, wie bereits in vielen Ländern der Welt üblich. 
Bündnis90 / Grüne fordern, Wirtschaftsminister Rösler solle endlich seine Verantwortung übernehmen und die Versorgung mit sicherem und bezahlbarem Trinkwasser auch in Zukunft sicherstellen, nachdem Schwarz-Gelb im Ministerrat der EU eine Privatisierung von Wasser durch die Hintertür forciert habe. Auch die Jusos Bergstraße befürchten steigende Preise und abnehmende Versorgungssicherheit. „Mit Trinkwasser geht man keine Experimente ein. Die Frage der Wasserversorgung ist eine grundsätzliche Aufgabe der öffentlichen Hand und keine per Beschluß dem Wettbewerb zu unterwerfende Dienstleistung“, so Pressesprecher Marius Schmidt. Vorsitzender Tobias Pöselt erinnert, daß die SPD Bergstraße schon im Jahr 2012 eindeutig Position für eine dezentralisierte Wasserversorgung in der Hand der Kommunen bezogen habe. 
Auch der Bundesrat hat den Richtlinienvorschlag in seiner Stellungnahme abgelehnt.  (M. Hiller)

 

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