Vergiftetes Geschenk für die Kommunen

Pressebericht, BA 2.2.2013

Vergiftetes Geschenk für die Kommunen

DGB-Vorsitzender Heinz Eichhorn bezeichnete ihn in seinem Resümee als „vergiftetes Geschenk“ und auch die Redner beim Treffen des DGB-Ortsverbandes Lautertal-Lindenfels äußerten sich alle nicht glücklich über den Rettungsschirm, zu dem es aber leider keine Alternative gebe.
Die Gewerkschaftsversammlung, an der auch der Lindenfelser Bürgermeisterkandidat Michael Helbig, Lautertals Bürgermeister Jürgen Kaltwasser, die Vorsitzende der Lautertaler Gemeindevertretung, Beate Dechnig und der Lindenfelser Interims-Bürgermeister Otto Schneider teilnahmen, stellte die Frage, ob der Schutzschirm die kommunale Selbstverwaltung gefährdet.
Eine Frage, die nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantwortet werden konnte. Keinen Zweifel ließen die Gewerkschafter aber daran, dass der vom Land aufgespannte Rettungsschirm nicht die Ursache des Problems löst, sondern nur die Symptome mildert.
So legte Bürgermeisterkandidat Helbig die ungelösten Fragen auf den Tisch. Zwar würden Lindenfels 4,7 Millionen Schulden abgenommen, aber es gebe noch kein Rezept, wie denn die Restschulden getilgt werden können. Die mit dem Rettungsschirm verbundenen Verpflichtungen, ausgeglichene Haushalte zu erreichen und Schulden abzubauen, seien nur realisierbar, wenn sich an den Parametern, den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nichts ändere. Doch wer könne sagen, ob die Voraussetzungen für die Einnahmen aus Gewerbesteuer oder Einkommensteuer so blieben?

Erinnerung an das Lehenswesen

Die Sache erinnere ihn an vergangene Zeiten des Lehenswesens, sah Helbig im Rettungsschirm den Schinken, den der Lehnsherr den Bauern für die aus dem Dorf getriebenen Säue überließ. Die Säue seien heute die rund 340 Millionen Euro an Finanzzuweisungen, die der kommunalen Familie Jahr für Jahr entzogen würden.
Die Ursache für die Finanznot der Städte und Gemeinden sei nicht ein Ausgabeproblem, sondern ein Einnahmeproblem, fragte Helbig, warum ein Viertel der hessischen Kommunen so pleite sei, dass sie unter den Rettungsschirm müssten. Andernorts würden die Kindergärten zu 68 Prozent vom Land finanziert.

Helbig will Gemeindereform

Der Bürgermeisterkandidat stellte die Frage, ob Gewerbe- und Grundsteuer noch zeitgemäß seien, und brachte die Vermögensteuer ins Spiel. Auch müsse man nicht über eine Gemeindefinanzreform, sondern eher über eine Gemeindereform nachdenken.
Als „Wahl zwischen Pest und Cholera“ bezeichnete Helbig den Rettungsschirm – und das bestätigte auch Bürgermeister Kaltwasser. Prinzipiell habe man gar keine andere Wahl, als unter den Rettungsschirm zu gehen, so Kaltwasser. Für Lautertal gehe es um 5,2 Millionen Euro Schulden, die damit wegfielen. Das Besondere in Lautertal sei die Tatsache, dass die Parteifreunde der Erfinder des Rettungsschirms sich mit dessen Annahme schwer täten.
Auch Kaltwasser verwies auf die 344 Millionen Euro, die den Kommunen seit 2011 vom Land entzogen würden. Über den Rettungsschirm kämen davon nur 107 Millionen Euro zurück. Eine große Diskrepanz sah Kaltwasser beim Länderfinanzausgleich. Hier würden mit hessischem Geld andere Länder finanziert, die dann beitragsfreie Kindergärten anbieten könnten.
Gewerkschaftssekretär Horst Raupp hatte darauf hingewiesen, dass in den Kommunen sinnvolle Einsparungsmöglichkeiten längst ausgereizt seien und es jetzt an die Substanz gehe. Er sah vor allem den ländlichen Raum gefährdet und forderte ebenfalls eine Verbesserung der Einnahmeseite mit Hilfe der Vermögensteuer.

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