Bunt statt Braun – 1000 demonstrieren in Bensheim gegen Rechtsextremismus

BENSHEIM.Der Bürgersteig gegenüber vom Kronepark in Auerbach reichte schon eine gute Stunde vor der Ankunft der AfD-Bundestagsabgeordneten Beatrix von Storch und Albrecht Glaser nicht mehr als Versammlungsort für die Gegendemonstranten aus. Anfangs standen sie noch auf einem schmalen Streifen hinter den Absperrgittern, die die Polizei aufgestellt hatte, um den Verkehrsfluss auf der Bundesstraße 3 zu gewährleisten. Die beiden AfD-Abgeordneten waren an die Bergstraße gekommen, um im Vorfeld der hessischen Landtagswahlen für ihre Ziele zu werben.

Die AfD hatte im Rahmen des Landtagswahlkampfes zu einer Kundgebung in Auerbach aufgerufen. Zu einer Gegendemonstration kamen rund 1000 Menschen.

Angesichts der Zahl der Demonstranten mussten die Beamten immer weiter zurückweichen. Erst wurde das Gitter einen halben Meter an die Bordsteinkante vorgezogen, kurz darauf auf die Mitte der Fahrbahn. Um 17.15 Uhr gab die Polizei dem Druck schließlich nach und sperrte die B 3 komplett ab, als die Protestler an immer mehr Stellen auf die Straße drängten. Am Ende war statt der Gegendemonstration der Bereich vor dem Eingang zur Halle von den Absperrgittern umringt.

Verschiedene Gruppen hatten zur Kundgebung gegen den Auftritt der umstrittenen Politiker im Auerbacher Bürgerhaus aufgerufen, darunter Kirchen, Gewerkschaften und Parteien sowie die Bergsträßer Initiative gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Vom Marktplatz in der Bensheimer Fußgängerzone aus war ein Demonstrationszug mit etwa 180 Personen über die Darmstädter Straße zum Kundgebungsort gezogen. Lange bevor die bei vielen offensichtlich ungeliebten Gäste ankamen, war die Zahl der Gegendemonstranten nach Angaben der Polizei auf etwa 1000 Personen angeschwollen.

Zwar gab es aufseiten des Bündnisses einige Redebeiträge. DGB- Regionsgeschäftsführer Horst Raupp etwa warf der AfD „dumpfe Parolen“ vor. „Man muss sich schämen, dass in Deutschland solche Leute im Parlament sitzen“, sagte er.

Insgesamt gingen die Redebeiträge aber gegenüber dem Geräuschpegel aus Pfiffen, Rasseln und Sprechchören weitgehend unter. Die Positionen kamen aber trotzdem ziemlich deutlich bei der AfD-Anhängerschaft an. Rufe wie „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“ und „Wir sind mehr“ schallten bis ins Innere des Bürgerhauses. „Lieber ein Migrant als Nachbar als die AfD im Bürgerhaus“, hieß es auf einem Transparent in Anspielung auf die Äußerung des AfD-Bundestagsabgeordneten Alexander Gauland aus dem Jahr 2016, er wolle den deutschen Fußballnationalspieler Jérôme Boateng nicht als Nachbarn haben.

Der Bergsträßer AfD-Kreisvorsitzende und Landtagskandidat Rolf Kahnt zeigte sich verärgert über den Auflauf vor dem Bürgerhaus. „Ich habe nichts gegen das Demonstrationsrecht“, sagte er im Inneren des Saals vom Rednerpult aus. „Ich bin aber dagegen, dass unsere Anhänger am Zugang gehindert werden.“

Trotz allem waren kurz nach von Storchs Ankunft alle Plätze im Saal belegt. Die Politikerin kritisierte in ihrer Rede die „Altparteien“ sowie deren Migrationspolitik. Einer Gruppe von Demonstranten gelang es, bis in den Bürgersaal vorzudringen. Mitarbeiter des von der AfD beauftragten Sicherheitsdiensts geleiteten sie aber nach kurzer Zeit wieder nach draußen.

Insgesamt verliefen die Veranstaltungen nach Angaben der Polizei friedlich. Bis Redaktionsschluss waren keinerlei Gewalttaten bekannt. Um 19.23 Uhr wurde die Bundesstraße wieder freigegeben, offiziell war die Gegendemonstration um 18.30 Uhr aufgelöst worden. Zwar blieben noch einige Protestler, der Massenauflauf verflüchtigte sich aber nach und nach, so dass kurz vor dem Ende des Auftritts von Glaser und von Storch nur noch etwa 100 Demonstranten vor Ort waren.

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